sportpoetlogo

Im Mekka des Triathlons – ROTH 2007

 

 

Roth bei Nürnberg. Wenn Hawaii als Mutter des Langdistanztriathlons überhaupt gilt, dann dürfte Roth immerhin Mutter der europäischen Ironmanrennen genannt werden. Grund genug also, dort einmal im Leben zu starten…

 

*****

 

„Und? Wie fühlste Dich?“

KM 32. Harald mit dem MTB neben mir. Ich blickte zu ihm rüber.

„Eigentlich ziemlich gut!“--

„Was meinste, welche Zeit?“

Ich schaute auf das Display meiner Uhr, noch 10KM, „so 9:50“ hörte ich mich rufen.

„Ich guck noch mal nach den anderen“ sagte Harald und drehte ab.

 

 

Die anderen. Caprice, Mario. Rookies, sagt man dazu, zum ersten Mal.

Am Tag zuvor hatte sich die ganze Bande auf dem Expo Gelände getroffen. Jörg, der diesmal in einer Staffel schwimmen wollte, holte mit mir die Startunterlagen. Es war kühl, die Bänke nass, der Kaffee tat gut. Sportblabla.

 

*****

 

Sonntag, 5.30 Uhr, Wechselzone. Ich war mit meinem Rad schnell fertig, musste nicht pumpen, nach dem späten Einchecken am Vorabend. Der Rest schon Routine, ich genoss die Dämmerung am Kanal, lag auf der Wiese. Vor mir räkelte sich Chris McCormack, er und ein anderer Australier stretchten lässig.

Marios Wechselplatz waren mir nicht bekannt, hatte jetzt auch keine Lust, in dem hektischen Gewusel zu suchen. Die hatten bestimmt genug mit sich selbst zu tun.

Ich hatte 4 oder 5 Stunden geschlafen, mehr als sonst vor einer Langdistanz, Werner Wendholt, früher DJK, war gegen 4:30 mit mir rausgefahren zum Kanal.

 

Rauchschwaden, laute Musik: der Pro- und Frauenstart. 

Entspannt wie noch nie vor einem Ironman beobachte ich den Startablauf der ersten Gruppe, drehe mich auf den Rücken und blicke gen Himmel. Das könnte Dein Rennen werden heute…

 

„Viel Glück!“ ruft mir plötzlich Mario durch das Gitter in den Vor-Startbereich zu, während ich die Schwimmbrille aufsetze: Ich winke zurück.

 

*****

 

Nach 200 Metern einschwimmen fühlt sich das Wasser gut an, ich dachte kurz zurück ans ungeliebte Schwimmtraining, hatte im Winter und Frühjahr 1 bis 2 Stunden pro Woche geschwommen – viel zu wenig. Jörg war im Training meistens schneller. Im Mai dann ein Peak mit ca. 4 Stunden pro Woche, also etwa 12km, und das wirkte.

 

Es lief einfach super. Versuchte, konstant eine höhere Frequenz zu schlagen als sonst. Der Ausstieg, 1 Stunde 9 Minuten für 3,86 km schwimmen, so schnell war ich noch nie in einem Ironman, wie geil! Und das Rennen fing ja jetzt erst so richtig an, zumindest für einen in Relation eher schwachen Schwimmer wie mich. YES! Es machte Spass!

 

*****

 

Geschmeidig drehte sich das Kettenblatt, der ganze Körper fühlte sich an, als wäre er gerade geölt worden, nur der Hintern drückte hie und da. Fast 40er Schnitt in der ersten Stunde, zu schnell, aufpassen, das wirst Du sonst bereuen. Dachte kurz an die fellows, ob Mario jetzt schon auf dem Rad war? Hatte er genug trainiert? Er hatte vor kurzem geheiratet – leider war ich nicht da. Training. Spanien.

 

Erste Runde Solarer Berg: Irre Stimmung, Gänsehaut und Adrenalin, vor allem auch wegen der brenzligen Situationen, aufpassen müssen, nicht in andere Teilnehmer reinknallen.

Danach wieder Freiheit. Erste Runde 38er Schnitt, das war okay, vielleicht ein bisschen zu schnell.  Wie so oft wurde es monoton, zumindest im Kopf, bei 110, 130 KM habe ich das oft. Serpentinen, Abfahrt, gefährlich, Strohballen, ein Typ liegt in der Kurve.

 Solarer Berg zweite Runde. Wie vorher alle erzählten: deutlich weniger los, dafür Platz auf dem Anstieg, wahrgenommen habe ich dort niemanden, lautes Geschreie.

Hatte ich die letzte Stunde die Beine zu sehr hängen lassen oder anfangs doch überpaced? 4:53 nach 180,2 km. Wollte doch 4:50 fahren…also gut, 6 Minuten schneller als in Frankfurt.

 

*****

 

Es war heiss an der Lände, ein Teilstück der Marathonstrecke, es zieht sich. Die Luft stand, die Temperaturen nun doch sommerlich, nachdem das Wetter 2 Tage mit Sturm Kapriolen geschlagen hatte.

Tranceartig Richtung erster Wendepunkt, blickte gelegentlich sehnsüchtig auf den Kanal.

Irgendwann begegnete mir Mario, er sah nicht schlecht aus, unvorstellbar, das er kurze Zeit später die Beine kaum mehr bewegen konnte.

 

Lauf,lauf,lauf. 5:00, 4:50, 5:00,4:40, …was man halt so denkt dabei. Wasser, Schwamm, Laufschuhe, Kräcker, Banane, Gel….Dann eine Grillparty, roch verdammt gut dort, grosse Bierkrüge. Ich hatte 6 Wochen keinen Alkohol zu mir genommen… BMI leicht im untergewichtigen Bereich, ideales Wettkampfgewicht…

 

2.Wendepunkt, Waldstück, kühler, Asphalt. Was hatte Harald eben gesagt? Noch 10KM? Hatte ich 9:50 gesagt? Kann ja noch eingehen. 10KM, geschenkt! Ich wurde schneller, fühlte, dass hier und heute nichts anbrennt, genoss den Lauf wie selten zuvor. Noch 5KM, 3KM, 1KM. Unglaublich, das Zielstadion, durchlaufen, winken, jubeln. Tief durchatmen, grinsen. Nic steht im Ziel und knipst Fotos wie wild. What a day!

McCormack und Hellriegel gaben geduscht und gestylt gerade Interviews…

 

 

*****

Volker

 

Am Ende eines netten Arbeitstages: Roth 2007